Sonntag, 8. Januar 2012

Tee, Tee, Tee, Tee, Tee, Tee, Tee, Tee

Diesmal drehte sich wirklich der ganze Tag ausschließlich um Tee. Denn mein Teelehrer hatte mich angerufen und gefragt, ob ich Lust hätte mit ihm zu einer Teemesse nach Taizhong zu fahren. Natürlich hatte ich Lust! Also sollte ich früh um 9 bei ihm sein. Das war ich auch. Punkt 9 stand ich vor seinem Haus und als er mir die Tür öffnete sah er aus, als wenn er gerade erst aus dem Bett gefallen wäre. 
Ich ging eigentlich davon aus, dass ich so früh beim ihm sein sollte, weil wir schon bald nach Taizhong fahren würden. Aber es stellte sich heraus, dass ich vor der eigentlichen Messe noch einmal Unterricht bekam. In den ungefähr drei Stunden bis zur eigentlichen Abfahrt lernte ich vor allem vieles über Tie Guan Yin. Denn wie sich herausstellte, ist das das Spezialgebiet von meinem Teelehrer. Ich durfte China Tie Guan Yin mit Taiwan Tie Guan Yin vergleichen, um endlich aus nächster Nähe deren Unterschiede zu ergründen. Natürlich ist Taiwan Tie Guan Yin der bessere Tee.


Außerdem durfte ich noch einen weiteren Tee vom Festland probieren: Da Hong Pao, welchen mein Teelehrer als den Mercedes unter den Festlandoolongs bezeichnete.


Dann lernte ich auch noch, dass die zum Teebrühen getragene Kleidung auch von sehr großer Wichtigkeit ist. Er erklärte mir, dass beim Teebrühen der Tee im Mittelpunkt stehen sollte und deswegen die Kleidung der Person, die den Tee aufbrüht sehr schlicht gehalten sein sollte. Außerdem sollten Frauen auf starkes Parfüm und zu viel Make-up verzichten, weil das nicht nur vom Teetrinken an sich ablenken würde, sondern auch das Aroma des Tees vertuschen würde. Aber das ist für mich ja eigentlich kein Problem.
Damit ich dann auch auf der Teemesse entsprechend gekleidet bin, lieh mir mein Lehrer traditionelle Kleidung. Natürlich Männerkleidung. Aber ich war ziemlich froh in so bequemen Sachen herumzulaufen und keinen Qipao tragen zu müssen.


Gegen 14 oder 15 Uhr kamen wir auf der Teemesse in Taizhong an. Wir fuhren mit dem Hochgeschwindigkeitszug, der die Strecke von Taipei bis Taizhong in etwa einer Stunde schafft, während man mit dem Bus mindestens drei bräuchte.
Die Messe an sich erinnerte ein bisschen an ein Dorffest. Es gab ganz viele Zelte und jeder präsentierte seinen Tee oder auch Teegeschirr und sonstiges Zubehör. Mein Lehrer erklärte mir, dass er eher aus Spaß an der Freude als aus Geschäftstüchtigkeit an der Messe teilnimmt. Deswegen lud er auch kräftig Leute zum Teetrinken ein, ohne ihnen wirklich seinen Tee unterzujubeln. Natürlich pries er ihn an, denn er ist der Meinung, dass sein Tie Guan Yin von besonders hoher Qualität ist. Ich glaube ihm das, denn noch kann ich mich lange noch keinen Experten auf dem Gebiet nennen und kann mich deswegen nur auf das Wort meines Lehrers stützen. Ein bisschen erinnert mich mein Lehrer an meinen Papa, weil beide auch mal gerne eine kleine Show abziehen. Aber im positiven Sinne. Denn es war wirklich unglaublich, wie mein Lehrer kunstvoll und weniger festgefahren traditionell seinen Tee aufgoss.


Als ich ihm auf der Rückfahrt dieses Foto von seinem Tee auf meiner Kamera zeigte meinte er nur: Ist das nicht ein wunderschöner Tee?


Nach einer Weile schlenderte ich dann auch über die Messe und sah mir die anderen Stände an. Da ich noch kein eigenes Teeset hier in Taiwan habe, interessierte ich mich vorrangig für Teegeschirr. Aber ich probierte auch hier und da einen Tee. Da ich aber wirklich schon Unmengen von Tie Guan Yin intus hatte, wollte ich gar nciht mehr so viel trinken. Mein Lehrer erklärte mir auch, dass zu viel Tee auf einmal oder auch zu viele Sorten durcheinander getrunken durchaus eine berauschende Wirkung haben können. Auf Chinesisch sagt man sogar "betrunken". Ich muss auch sagen, dass ich den ganzen Tag sehr fröhlich war. Ich hoffe nur, dass es generell am Tag und nicht ausschließlich am Konsum von Tee lag.


Den Stand fand ich auch sehr interessant, weil hier der TÜV für taiwanesischen Tee vorgestellt wurde. Die drei Tees links im Bild waren alle unterschiedlich stark mit Chemikalien belastet und man sollte erraten, welcher der sauberste war. Ich ging davon aus, dass der trübste der natürlichste wäre, aber es stellte sich heraus, dass der klarste der sauberste war. Das ganz linke Glas beinhaltet 12 verschiedene Chemikalien, während das mittlere 4 und das rechte gar keine beinhaltet.


Was Taizhong außerdem sehr angenehm machte, war das Wetter. Ich sah seit langer Zeit mal wieder blauen Himmel und schön warmen Sonnenschein.


Dieser Stand bot auch sehr interessanten Tee an, und zwar in einer Pomelo gereiften Tee. In dem großen Tongefäß war Tee zum probieren drin, der angeblich 8 Jahre alt war. Der Mann vom Stand war auch so nett mir zu sagen, dass, wenn ich diesen Tee zwei Wochen lang trinken würde, alle meine Pickel weg wären. Als ich das meinem Lehrer erzählte, meinte dieser, dass das gelogen sei.


Neben Tee finde ich hat vor allem auch das Teegeschirr eine sehr schöne eigene Ästhetik.


Es gab auch eine japanische Teezeremonie zum Anschauen. Aber mein Lehrer meinte, dieser Tee würde wahrscheinlich nicht so gut schmecken, weil die Frau keinerlei Freude beim Aufgießen zeigt. Ich mag solche Philosophie.


Der Platz auf dem die Teemesse statt fand war von Straßen umgeben, an denen vor allem Häuser im europäischen Stil standen. In diesen Häusern waren dann meistens auch westliche Restaurants. Es war schon irgendwie lustig in den traditionellen chinesischen Klamotten, die ich anhatte, in einem dieser Restaurants auf Klo zu gehen. Ich als Ausländer versuche chinesisch zu sein und die chinesischen Restaurants versuchen ausländisch zu sein.


Zum Glück gingen wir in keines der westlichen Restaurants, sondern in ein Teehaus. Ja, genau. Wenn Teeleute fertig sind mit ihrer Teemesse gehen sie in ein Teehaus.


Dieses Teehaus war echt einmalig. Wunderschön. Im Innenhof gab es einen Teich und das Haus ging sozusagen um den Teich herum.


Dass man direkt am Teich sitzen konnte, nutzten wir natürlich und mein Lehrer machte einige Fotos von mir, die er mir später geben will und ließ auch ein paar von sich machen. Manchmal ist er schon ein ganz schöner Inszenierer.


Leider sind Nachtfotos nicht so die Stärke meiner Kamera, aber ich hoffe die schöne Umgebung lässt sich wenigstens erahnen.


Es gab gedämpften Fisch, den ich nach so viel Tee wirklich brauchte. Ich hatte wirklich ziemlich großen Hunger.


Nach dem Essen machten wir dann das, was man in Teehäusern eigentlich macht, nämlich Tee aufgießen. Ich durfte für alle Aufgießen und da ich ja sozusagen von Experten umgeben war, denn es waren noch zwei andere Teelehrerinnen mit, sagten sie mir, was ich noch verbessern könnte. Hier sieht man auch mal meine lustige Kleidung. Interessanterweise war es mir den ganzen Tag so ziemlich egal, wie ich aussah, denn ich fühlte mich richtig wohl.


Als wir dann gegen 23 Uhr wieder in Taipei ankamen, wollte ich eigentlich nur noch nach Hause, weil eigentlich noch Hausaufgaben zu machen hatte. Aber da ich mich dazu entschlossen hatte, noch Tee von meinem Teelehrer zu kaufen, wollte er mir diesen Tee auch noch mal zum Kosten geben. Ich hatte seinen Tee eigentlich schon den ganzen Tag gekostet. Aber er bestand darauf, mir noch einmal zu zeigen, wie gut sein Tee ist im Vergleich zu maschinell zubereitetem Tee. Das heißt, ich durfte erst gegen 12 sein Haus verlassen. Um die Uhrzeit fuhren schon keine Busse mehr, aber ich hatte noch Glück und bekam tatsächlich die letzte MRT nach Hause.


Fazit: $5000 an einem Tag nur für Tee im weiteren Sinne auszugeben fühlt sich gar nicht so schlimm an.

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